Ein Korkdeck für die Ballad, 2010

(05.04.2011) Ein Erfahrungsbericht mit Fotos von der SY Hasta Luego

HANSEBOOT 2009

Eigentlich schon auf dem Weg zum Ausgang kam mir in den Sinn, mich doch mal nach Ersatz für den schon ziemlich abgenutzten und spröde gewordenen Polygrip-Decksbelag umzusehen, der schließlich schon dreiundzwanzig Jahre auf seinen kleinen Buckeln hatte. Polygrip (gibt es sowieso nicht mehr) bzw. Treadmaster wollte ich nicht wieder auf die ehemals abgeschliffenen geriffelten Flächen kleben, sondern das Deck vollflächig belegen, weil so gleich einige Haarrisse mit verschwinden. Also Teak oder Flexiteek? Ersteres kam preislich nicht in Frage, Flexiteek ist dagegen erstaunlich günstig und gut selber zu bewerkstelligen, aber mir gefiel die Optik von den bisher gesehenen Decks nicht.
Aber dann blieb ich an dem Stand von Marinedeck 2000 hängen: Decksbelag aus Kork, das kannte ich bis dahin nicht. Das ausgestellte Musterdeck machte einen tollen Eindruck auf mich: optisch wie ein Teakstabdeck - nur nicht so dick auftragend, genauso verfugt und anscheinend sehr rutschfest und wenig druckempfindlich. Unter hohem Druck wird Korkschrot mit einem speziellen Kleber zu 9mm starken, wasserundurchlässigen Platten gepresst und anschliessend zu verschieden breiten Streifen von 188cm Länge geschnitten. An einer Seite werden sie dann mit einer Nut für die spätere Decksfuge versehen. So lassen sich Decks mit 35 oder 50 mm „Stäben“ herstellen. Für die Laibung nimmt man 50 bzw. 75mm, mit 125mm kann man den Fisch herstellen. Zuschneiden, Untergrund reinigen und primern, aufkleben und andrücken, verfugen und schleifen, fertig. Eigentlich wie beim Holzdeck, nur ist dieser Kork noch so elastisch, dass normale Deckskurven kein Problem sind und nicht verschraubt werden müssen Eine Versiegelung kann erfolgen, soll aber nur in Gegenden mit hoher UV-Belastung erforderlich sein. Auch ohne sie ist der Belag unempfindlich gegen Seewasser, Kraftstoff etc. Und das alles für etwa den halben finanziellen Aufwand für ein Teakdeck.
Angeboten werden auch Anfertigungen nach Schablone bis hin zum fertig aufgebrachten Deck. Interessenten wird ein Besuch in der Werkstatt bei Hamburg angeboten.
Bewaffnet mit Prospektmaterial und Preislisten ging es nach Hause. Auf der Internetseite des holländischen Herstellers www.stazo.nl gibt es noch jede Menge mehr Infos, unter anderem eine ausführliche Bastelanleitung. Das eigentlich Interessante bei dieser Decksverlegung ist aber, mit wie wenig Werkzeug man auskommt, dazu später mehr. Trotzdem: so richtig durchgerungen hatte ich mich noch nicht. Immerhin wollte ich mir doch schon mal eine Schablone anfertigen, um mir mal einen Mengenüberblick zu verschaffen.

Verschiedene Versionen kamen in Frage:
-Verlegung nur auf den ehemals geriffelten Flächen
-vollfächige Verlegung von den Aufbauten bis zur Deckskante
-um die Genuaschienen und Püttige herumkleben oder hochnehmen?


Da ja bekanntlich bereits im November dieser Dauerwinter einsetzte, blieb für die Entscheidung noch viel Zeit, und ich fuhr erstmal in besagte Werkstatt. Dort entstand zu meinem Erstaunen gerade ein 12x4m großes Deck - in einem(!) Stück und das auf einer nur 9m langen Arbeitsplatte! Wie das? Nachdem die Deckstäbe samt Fisch nach Schablone ausgelegt und fixiert waren, wurden die Fugen vergossen, geschliffen und das halbfertige Deck einfach aufgerollt!
Vom Meister gab es einige nützliche Tipps, z.B. riet er dazu, bis an die Aufbauten heran zu kleben, um keine Trittkanten am Kork zu bilden und einen guten Wasserablauf zu gewährleisten (Dreck-/Moosbildung). Kleine Flächen halten auf: also besser raus mit den Genuaschienen. Dann zeigte er mir, wie man aus Reststücken wieder verwertbares Material zusammenkleben kann, z.B. für Kurvenstücke an den Aufbauten. Dafür gibt es einen 2K-Korkkleber, der nach dem Schleifen nahezu unsichtbar ist.
Dann nahte das Ende des Winterschlafs. Mitte März schon, aber immer noch sehr kalt. Ruck gegeben, Schablone her. Also das ganze Deck berechnen. Es kamen vierzehn Streifen á 75mm plus einer für Verschnitt, 40 á 50mm (plus zwei) und ein ganz breiter für den Fisch zusammen, gute sechs Quadratmeter insgesamt. Dazu Reiniger, Primer, Deckskleber, Fugenvergußmasse und Korkkleber für die Stöße. Laut Messeauskunft soll man mit etwa 350 Euro pro Quadratmeter kalkulieren, also mit etwa 2100 Euro, und das kommt auch gut hin. Es lohnt sich hierbei, die Preise zu vergleichen: Ich habe nicht direkt beim Importeur, sondern bei Schwenckner bestellt. Aber Achtung: Es gibt keine Lagerware, die Korkmühle wird erst bei Auftragseingang aktiv! Und da alle erst im Frühjahr aufwachen, durfte ich noch drei ärgerliche Wochen warten.
Aber es gab noch genug vorzubereiten. Genuaschienen abgebaut, Wassereinfüllstutzen und Klampe weggenommen, mussten sowieso mal wieder neu eingedichtet werden. Klampenfüsse gleich zum verchromen gebracht (Achtung: bei Toplicht gibt es eine neue billiger). Alle Püttinge raus, neigten auch teilweise zur Leckage. Deswegen waren auch die beiden Träger unter Deck rostig. Also gleich mit ausgebaut, und siehe da: einige Schweißnähte waren gerissen! Danach ging es mit Bandschleifer und 40er Korn dem alten Belag zuleibe. Decksschonender war die Heißluftpistole (200 Grad), aber langsamer. Nun konnte ich gleich die Gunst der Stunde nutzen und versuchen, Knisterstellen mit Harz auszugießen. An zwei Stellen hatte ich Delaminierungen entdeckt. Die wurden gleich mit angebohrt, mit Harz gefüllt und durch Gewichte angedrückt. Anschließend gab es eine Lage Matte. Und dann: spachteln, schleifen, spachteln, schleifen…, denn alle Unebenheiten sind nachher sonst sichtbar.
Dann kam der Anruf, alles sei jetzt da. Am gleichen Abend war das Vorschiff zum Korklager geworden, im Salon stand kartonweise der Rest. Na denn mal los…
Da ich niemanden fragen konnte, wollte ich mich möglichst strikt an die Verlegeanleitung halten: zuerst die Laibung herstellen und verkleben und dann das Deck dazwischen einpassen mit dem Fisch zum Schluß.
Gleich zu Anfang kam der schwierigste Teil, nämlich die Laib“hölzer“ im Relingsbereich. Alles ist hier irgendwie immer rund, jeder Relingsfuß ist verschieden, zwischen den Füßen ist nur ungefähr die Hälfte parallel zur Außenkante und zu guter Letzt die Rundung vom Deck zur Kante. Hier half nur eins: den Korkstreifen habe ich parallel zur Deckskante an Deck mit Tape fixiert und dann mit einem Abstandsklötzchen die Konturen übertragen. Dann konnte ich mit einer langsam gestellten Stichsäge mit schmalem Kurvenblatt die Ausschnitte machen. Die Rundungen an der Unterseite habe ich mit einer Surform-Raspel, die Feinarbeiten an den Ausschnitten mit einer mittelfeinen Halbrund-Holzfeile vorgenommen.
Auch hier galt wieder genaues Arbeiten mit viel Geduld, vor allem, wenn man nur ein Reservestück hat. Ich bekam schnell ein Gefühl für das Material, das sich sehr gut und einfach bearbeiten ließ, aber zu Anfang ging da schon mal eine Stunde pro Streifen drauf. Als Abstandshilfe für die spätere Fuge habe ich in dichter Folge 5mm starke Leistenstücke senkrecht an der Deckskante mit Tape befestigt. Abweichend von der Anleitung habe ich jedes fertige Stück sofort verklebt, um gleich einen Fixpunkt für das nächste zu haben.
Das Verkleben dauerte auch jedes Mal so seine Zeit. Erst gründlich reinigen, dann primern, jeweils mit Ablüften, grob die Konturen an Deck zeichnen, damit nicht unnötig viel Kleber verbraucht wird. Dieser Kleber (Simson CA von Bostik) wird mit einer Kartuschenpresse mit großzügig angeschnittener Spitze und einem 3mm-Zahnspachtel verteilt. Dabei empfehlen sich Handschuhe, und selbst die brauchen manchmal noch einen Lappen. Wenn dann der Korkstreifen eingelegt wurde, brauchte er in der Regel nur vorsichtig mit dem Fuß festgetreten zu werden, um fest zu sitzen und so liegen zu bleiben. Der Kleber sollte sich dabei vollflächig verteilen (und verteilt sich zu Anfang auch unter den Schuh, wenn man zu großzügig war…). Herausgequollenen Kleber sollte man, bevor er ganz abgebunden hat, mit einem Handspachtel entfernen und darauf achten, dass die senkrechte Flanke sauber ist, sonst wird die Decksfuge später zu breit sein.
Beim Ansetzen des nächsten Streifens wird zusätzlich noch der Stoß mit dem braunen 2K-Fugenkleber wasserdicht gemacht. Manchmal empfahl es sich, mit ein paar Gewichten nachzuhelfen, bis der Kleber angezogen war, z.B. mittschiffs und an der Cockpit-Süllkante. In der kurzen Gegenkurve an den Aufbauten habe ich einfach ein Paar tiefe Einschnitte gemacht, aufgeklebt und die entstandenen Öffnungen mit kleinen Keilen verschlossen. Nach dem Schleifen ist nichts mehr zu sehen. Für die vorderen Rundungen habe ich zusammengeklebte Reststücke verwendet.
Danach ging es flotter voran. Laut Beschreibung sollte nun die gesamte Decksfläche in einem Stück vorbereitet werden. Ich hatte das Unterfangen in drei Schritten vorgenommen, erst die Decks seitlich der Aufbauten und zum Schluß das Vorschiff mit dem Highlight, dem Fisch. Es begann mit dem Zuschneiden und Auslegen der schmalen Streifen. Es gab aber nur vielleicht ein Dutzend, die nicht bearbeitet werden mussten. Hier kamen hauptsächlich ein gutes Cuttermesser und ein Stahlwinkel zum Einsatz, sowie Augenmaß und sogar ein alter Kartenzirkel zur Maßübertragung. Fertig zugeschnittene Streifen wurden in Position gebracht, mit Tape fixiert und der nächste vorbereitet. Nach drei Reihen hatte ich dann erstmal wieder geklebt, um Festigkeit für die weiteren Zuschnitte zu erhalten. Außerdem zogieht der Kleber schneller an, als man mit dem Einlegen und Andrücken hinterherkam, und arbeitete man zu hastig, gab es Schweinkram. Am zeitaufwädigsten war es, den Abschlußstreifen genau einzupassen, man hätte ihn auch in mehreren Teilstücken machen können. Vorm Verkleben hätte ich mir allerdings noch die Löcher für die Püttinge markieren sollen. Naja, ging später auch von unten.
Dann war das Vorschiff an der Reihe. Den Fisch stellte ich genau nach der Anleitung her. Erst wurden die restlichen Streifen grob auf Länge geschnitten, ausgelegt und fixiert. Der breite Streifen für den Fisch bekam schon mal seine Länge und die Spitze und wurde dann so auf die Decksstreifen gelegt, dass diese auf der gleichen Höhe die Fischflanken kreuzten. Nur so konnte die spätere Lage und damit die Schiffsmitte festgelegt werden. Dann konnten die Ausklinkungen für den Fisch vorgenommen werden und auf die Deckstreifen übertragen werden, ebenso die Position des Fisches. Nun wurden die Deckstreifen an den Fisch angepasst und die jetzt hier fehlenden Nuten gefräst.
Jetzt wurde es noch mal richtig spannend. Den Kleber aufbringen, Fisch aufkleben, hoffen, dass er nicht verrutscht und dann die Decksstreifen von beiden Seiten einlegen müsste eigentlich gleichzeitig erfolgen. Da ich aber alleine davorstand (kniete), konnte ich erstmal nur den Fisch aufkleben und von der einen Seite dagegen arbeiten. Prompt wurde der Fisch aus der Mitte gedrückt, und es kostete einigen Kraftaufwand, ihn wieder zurückzubewegen, um dann die andere Seite einzusetzen. Der Kleber scheint jedenfalls sein Geld wert zu sein.
Nun warteten geschätzte hundertzwanzig Meter Fuge. Nachdem Aushärten des Klebers wurden die Fugen geputzt, denn manchmal drückt der Kleber doch zu weit nach oben durch. Aufbauten und Süll wurden mit einer Hilfslinie abgeklebt und geprimert. Dann waren erstmal kleinere Übungsabschnitte an der Reihe. Besagte Fugen wurden verfüllt und und mit dem Glättwerkzeug abgezogen, das Tape entfernt und mit angefeuchtetem Finger nachgeglättet. Die anderen Fugen habe ich allerdings ohne Tape mit Überschuß verfüllt. Dazu hatte ich mir eine Kartuschenspitze auf etwas mehr als Fügenbreite schräg angeschnitten, dabei aber eine kleine Führungsnase stehengelassen. So rutscht die Spitze immer schön der Nase hinterher. Nach der Aushärtzeit von drei Tagen konnte das Verschleifen beginnen. Auf den Bandschleifer habe ich dabei verzichtet und statt dessen mit meinem Exenterschleifer vorlieb genommen, erst mit 60er Korn vorweg, dann noch mal mit 120er hinterher. Dabei habe ich freiwillig mit Staubabsaugung gearbeitet. Die Kanten an Süll und Haus ließen sich am besten mit meinem Multischleifer von B. erreichen.

Und nun sah alles ganz toll aus, die Mühe hatte sich gelohnt. Jetzt nur noch alles wieder zusammenbauen und fertig…
Die Püttinge brauchten ihre Ausschnitte, um wieder direkt auf Deck zu sitzen. Das ging gut mit einem Kreisschneider, nachdem ich die Löcher gefunden hatte. Anschließend erhielten sie alle einen kleinen Korkdeckel mit Nut und sind seit dem doppelt eingedichtet. Die Genuaschienen brauchten nun 10mm längere Schrauben ( 52 Stück ) und ebenso die Klampe. Diese scheint jetzt gut 1cm aus der Mitte zu sitzen. Vielleicht gibt es noch mal zwei neue Löcher, damit ich sie in die wahre Mitte setzten kann.
Mittlerweile hat das Deck eine Saison hinter sich. Schäden durch Anker, wild gewordene Schäkel, Straßenschuhe oder Schmutz sind nicht aufgetreten. Wie beim Teakdeck hat sich eine leichter Grauton entwickelt. Dies ließe sich durch eine Versiegelung mit Korklack verhindern, dadurch geht dann aber auch ein Teil der Rutschfestigkeit verloren. Hervorragend ist auf jeden Fall auch die Isolierung, und man kann bei größter Hitze barfuß laufen.

 

Einige Anmerkungen


Werkzeug
An Werkzeugen brauchte ich lediglich den Exenter- und den Multischleifer, Staubsauger, Stichsäge, Cuttermesser, Surformhobel, Holzfeilen, Stahllineal, Winkel, Zirkel und Bleistift. Die Oberfräse ist nicht notwendig. Ich habe sie nur beim Fisch benutzt, dort kann man aber auch einfach die Fuge bis zum Deck durchgehen lassen.
Ein Workmate im Cockpit war sehr hilfreich. Unten am Schiff hatte ich eine längere Bohle auf Böcken stehen, um die Rundungen an den Unterseiten der Laibung herzustellen.
Material
Die Verbräuche für Kleber- und Fugenmaterial lagen bei mir genau anders herum.
Simsonkleber lassen sich bestens verarbeiten. Er zieht schnell an, daher darf man nicht zuviel Kleber aufbringen. Trotzdem brauchte ich lediglich eine einzige Kartuschenspitze, auch wenn man mal ein paar Tage nicht an der Spritze war. Propfen rausziehen und weiter ging’s.
Von meinen Reservestreifen habe ich nur einen gebraucht, ich hätte aber auch Reste nehmen können.
Zeitaufwand
Grob gesagt von Ostern bis Pfingsten, überwiegend nach Feierabend und an den Wochenenden. Da man die meiste Zeit auf den Knien verbringt, geht es doch langsamer voran wie gedacht. Eine Stellage wäre natürlich schön, aber auch da muß man ständig rauf und wieder runter. Da es ja ein langer Winter war, ging es erst ziemlich spät los, und zu kalt darf es für die eingesetzte Chemie bekanntlich auch nicht sein.
Infomaterial
Bei www.stazo.nl gibt es Preise, Anleitung und Bilder